Wort oder Ausdruck der Woche
in
e Wäschplere gusle
Ausdrücke
wie uu, da het si aber in e Wäschplere gguslet oder we d nid wosch in
e Wäschplere gusle, seisch lieber nüüt, hörte ich in meiner Jugendzeit
recht oft. In e Wäschplere gusle meinte «heftigen Zorn provozieren, eine
Aufregung verursachen». Heute sage ich eher Wäschpinäscht statt Wäschplere
und das Wort gusle ist auch seltener geworden. Wäschpere, Wäschplere waren
im Berndeutschen des Mittellandes und des Oberlandes einst weit verbreitet. Wo
man der Wespe Wächsi oder Wäschge sagte, war das Nest die Wächsere,
Wäxere oder Wäschger(n)e. Nach demselben Muster waren Hummlere «Hummelnest»
und Hurnuussere «Hornissennest» gebildet. Den ältesten Beleg für das
Wort findet man im Roman «Uli der Knecht» (1846) von Jeremias Gotthelf: «… er
schiesst auch nicht mehr herum, wie wenn er in einer Wesperen wäre …». Noch
älter ist wohl der Walser Flurname Wäschgeru (Veschgero) bei Cressoney.
Das Verb gusle «herumstöbern, herumstochern» stellt das «Schweizerische
Idiotikon» zum Substantiv Gusel «Aufregung, Hast, (blinder) Eifer». Öppis
im Gusel haa meint «etwas im Sinn haben». Auch die Redensart in e
Wäschpere gusle braucht Gotthelf in «Uli der Knecht». Als Uli für eine Kuh
auf dem Viehmarkt viel verlangt, heisst es: «Nun erhob sich ein Gebrüll gegen
ihn, wie wenn er in eine Wespern geguselt …».
Das
Erregen von Zorn wird seit Jahrhunderten mit dem Bild ausgedrückt, dass jemand ein
Nest wehrhafter Insekten in Aufregung versetzt. Das älteste Beispiel für
entsprechende Redensarten betrifft nicht Wespen, sondern Hornissen und lautet
beim Römer Plautus, der um 200 v. Chr. lebte «irritare crabrones – die
Hornissen reizen». Der Zürcher Josua Maaler schreibt im frühen 16. Jahrhundert
in seinem Wörterbuch: «in ein hurnussennäst stächen, das ist, ein unrüwigen
menschen reizen, crabrones irritare». Um 1615 glossiert ein Geistlicher einen
Text mit der Bemerkung: «Jesuiten stechen bey den Ketzern in ein Hornussen Nest».
Und noch 1691 setzt Kaspar von Stieler hinter in ein Wespennest stören lateinisches
crabrones irritare.
Im 17. Und 18. Jahrhundert
verdrängen die Wespen die Hornissen in der Redensart mehr und mehr und wir
lesen in ein Wespennest stechen, in ein Wespennest stören, in ein Wespennest
greifen, in ein Wespennest stochern. Das «Theatrum Europaeum» setzt 1627 «dieses
war in ein Wespen-Nest gestochen / oder Oel ins Feuer gegossen / und Ubel ärger
gemacht» hintereinander. Freiherr Johann Wichard von Valvasor schreibt 1689: «…
so heben sie alle miteinander an / gleich als ob man in ein Wespen-Nest hette
gestört / zu schreyen …». Und Theodor Heinsius erklärt in seinem «Vollständigen
Wörterbuch» von 1822 in ein Wespennest stochern mit «eine gefährliche
Sache aufrühren». Der Ausdruck ist noch heute gängig. Die «Zeit» schreibt am 21.
Mai 2019 in einem Artikel zu Kevin Kühnert: «Kühnert hat in ein Wespennest gestochert, gut so!»
und auf «verkehrsportal.de» lese ich: «Ja, ich weiss, damit habe ich wieder in ein Wespennest gestochert.»
(Die gesammelten Wörter der Woche finden Sie
hier)
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